Tätowieren unter Vollnarkose: Geht das überhaupt?

Quelle: www.gangatattoolosangeles.com

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Seit einigen Monaten werden wir regelmässig von unserer Kundschaft zu einem neuen Tattoo-Trend befragt, dem Tätowieren unter Vollnarkose. Das Ziel: Möglichst schnell und natürlich schmerzfrei ein möglichst grosses Tattoo zu bekommen. Geht das überhaupt? Was sind die Risiken? Was kostet das? Wir haben für euch den Faktencheck gemacht.


Prominente und Reiche lassen sich unter Vollnarkose tätowieren, berichten einige Medien. Tatsächlich liest man immer öfter, dass dies möglich ist und auch gerne gemacht wird. Schmerzfrei. Schnell. Aber auch risikofrei?



Was heisst Vollnarkose?

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Bei einer Vollnarkose wird der Körper kontrolliert in einen schlafähnlichen Zustand versetzt. Die “schlafende” Person spürt keine Schmerzen und nimmt auch keine Berührungen wahr, so sind schmerzfreie Operationen, oder eben Tätowierungen, möglich. 

Während der ganzen Dauer der Narkose werden die wichtigsten Körperfunktionen, wie die Atmung oder der Herzschlag, der zu behandelnden Person von einer Fachperson überwacht. 


Was sind die Risiken einer Vollnarkose?

Die allgemein auftretenden Nebenwirkungen sind, insbesondere bei einer jungen, gesunden Person, meist relativ harmlos. Unter anderem Übelkeit und Erbrechen oder Halsschmerzen aufgrund der Intubation. 

Weitere, schwerere Komplikationen, wie Atmungsprobleme oder Kreislaufschwierigkeiten, sind möglich, je nach Allgemeinzustand der zu behandelnden Person. Allerdings sind diese heute eher selten, da in Vorgesprächen bereits Abklärungen, etwa in Bezug auf Vorerkrankungen, gemacht und somit entsprechend geplant werden können.

Aber: Eine Vollnarkose ist nie ganz risikofrei und es kommt, wenn auch selten, zu Todesfällen aufgrund der Narkose.

Ist eine Vollnarkose im Tattoo-Studio möglich?

Eine Vollnarkose kann nicht einfach so und überall durchgeführt werden. Es braucht dazu einen geeigneten Raum, der steril und geschlossen ist (wie einen OP-Raum). Zudem muss während der ganzen Narkose-Dauer mindestens eine Fachperson Anästhesie anwesend sein, welche den/die Patient*in respektive die wichtigsten Körperfunktionen überwacht. Es muss auch festgehalten werden, wer rechtlich haftet, sollte etwas schiefgehen.

Was kostet das?

Gemäss unserer Recherche wird eine Narkose generell nach Zeitaufwand abgerechnet. Zahnärztliche Praxen bieten dies zum Beispiel an, dort kostet eine Narkose etwa 950 bis 1400 Schweizer Franken pro Stunde, um eine ungefähre Preisrange zu nennen.

Die Kosten für das Tattoo kämen natürlich noch dazu. 

Machen wir ein kleines Rechen-Beispiel.

Backpiece, gestochen von Fabio (ohne Narkose)

Ein Kunde wünscht sich ein komplettes Backpiece, ein Rückentattoo. Wenn vier Tätowierer gleichzeitig arbeiten, ist dies in einer Tagessitzung à zehn Stunden möglich. Die Pauschale pro Tätowierer beträgt (in unserem Beispiel) CHF 1800.-, die Narkose kostet CHF 1400.- pro Stunde.  Den Tagespreis der Tätowierenden haben wir relativ hoch angesetzt, da der Aufwand einiges grösser ist als beim Arbeiten im Studio. Das gesamte Arbeitsmaterial muss an einen für die Vollnarkose geeigneten Ort transportiert und dort aufgebaut werden und so weiter.

4 x 1800.- = CHF 7200 für das Tattoo

10 x 1400.- = CHF 14000 für die Narkose

Macht also 21’200 Schweizer Franken für ein Backpiece unter Vollnarkose. 

Das ist eine grobe Schätzung von uns. Was die jeweiligen Anbieter*innen schlussendlich für ihre Arbeit verlangen wissen wir nicht genau.



Das sagt Fabio

Die wichtigsten Fragen rund um dieses Thema haben wir dir hoffentlich mit unserem Faktencheck beantwortet. Aber was sagt eigentlich Fabio zum Tätowieren unter Vollnarkose? Fragen wir ihn doch gleich 🙂

Fabio, bekommst du viele Anfragen zum Thema?

Ja, beim Tätowieren fällt das Gespräch mehrmals die Woche auf das Thema Vollnarkose. Weniger, weil die Leute selbst daran interessiert sind, sondern weil sie überrascht sind, dass dies ernsthaft gemacht werden kann. 

Könntest du das im Living Dead-Studio anbieten?

Nein, wir haben dafür keinen geeigneten Platz und auch keine ärztliche Fachperson, die uns da unterstützen könnte. Ich persönlich bin davon auch kein grosser Fan.

Warum nicht? Muss man sich ein Tattoo verdienen?

Nein, das mit “verdienen” find’ ich Quatsch und doofes Macho-Gehabe. Aber ich halte es für wichtig, den eigenen Körper und seine Zeichen ernst zu nehmen. Man sollte ihm nicht mehr zumuten als er verkraften kann.

Eine Vollnarkose ist mit einem gewissen Risiko verbunden und sollte meiner Meinung nach nur gemacht werden, wenn es wirklich nicht anders geht, wie nach einem Unfall oder meinetwegen bei einer Schönheits-Operation. Ein Tattoo geht aber ohne Vollnarkose. Ja, es braucht Zeit und Geduld und tut weh, aber es geht.

Eine Vollnarkose ist zudem zeitlich begrenzt, der Tätowierende muss also entsprechend schnell arbeiten. Ob das qualitativ dann wirklich so hinhaut, sei mal dahin gestellt …

Wie ist deine Meinung zum Thema Tattoo unter Vollnarkose? Schreib uns!

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